01.08.2025
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6 Min
Zwischen Raster und Rauschen
Ein leeres Figma-Board. Ein Non-Profit-Projekt. Kein grosses Budget, kaum Briefing. Und trotzdem spürt man diese Verantwortung. Nicht nur fürs Ergebnis, sondern für den Prozess. Man möchte etwas schaffen, das sinnvoll ist – nicht nur schön. Aber was heisst das in dem Moment?
Ich kenne diese Augenblicke, in denen Struktur fehlt und der eigene Kopf zu laut wird. Wenn es keine klaren Vorgaben gibt, kein Raster, kein Regelwerk – nur ein diffuses Ziel und viel Erwartung im Raum. Dann bleibt oft nur das: Intuition.
Wenn das Briefing fehlt, wird das Bauchgefühl zum Werkzeug
Es ist dieser leise Filter, den man mit der Zeit entwickelt. Kein Shortcut, keine Checkliste. Sondern ein inneres Echo, das sagt: "Das passt noch nicht." Oder: "Das trägt schon was in sich." In solchen Momenten ist Intuition nicht das Gegenteil von Struktur, sondern deren Vorbedingung. Sie hilft mir, überhaupt erst in einen sinnvollen Rahmen zu kommen.
Designsysteme entlasten – aber sie spüren nichts
Sobald ein Projekt steht, liebe ich Ordnung. Designsysteme. Naming-Logik. Variablen. Ich bin ein Fan davon, mit Systemen zu arbeiten. Auch KI hilft mir mittlerweile, schneller Varianten zu testen oder saubere Grundlagen zu bauen. Aber Systeme allein hören nicht zu. Sie antworten, ohne zu merken, was gemeint war. Gerade bei subtilen Aufgaben – einem typolastigen Rebrand, einem Icon-Stil, der sich "echt" anfühlen soll – merkt man schnell, dass Struktur allein nichts fühlt.
"Sieht gut aus" ist nicht genug
Wir kennen das alle: Projekte, in denen "schön" das Ziel ist. Oder Kund:innen, die Feedback geben wie "gefällt mir" oder "wirkt irgendwie leer". Aber was heisst das konkret? Und wie reagiert man darauf? Gerade hier kommt die Intuition wieder ins Spiel. Sie sagt uns, ob wir zu viel wollen. Oder ob etwas fehlt, das wir noch nicht benennen können.
Ich habe schon oft erlebt, wie schwierig Reduktion ist. Wie mutig es sein kann, nichts zu zeigen, was man als "Kreativität" verkaufen kann. Ein Logo, das nur aus Typografie besteht, lässt sich nicht mit Effekten kaschieren. Es muss aus sich selbst heraus stimmig sein. Und das ist oft viel schwerer, als es aussieht.
Unser eigentlicher Job: das Dazwischen halten
Ich glaube nicht, dass wir Designer:innen dafür da sind, um alles richtig zu machen. Wir sind dafür da, Spannungen auszuhalten. Nicht zu früh zu entscheiden. Uns bewusst in dieses Dazwischen zu stellen: Zwischen Bauch und System, zwischen "wirkt" und "wirkt nicht", zwischen dem, was wir zeigen, und dem, was andere sehen.
Und ja, manchmal nervt das. Vor allem, wenn man schnell liefern soll, wenig Infos hat, viele Tools zur Verfügung stehen – aber nichts davon wirklich hilft. Dann bleibt nur dieses Unbehagen. Aber vielleicht ist genau das unser eigentliches Werkzeug.
Wir sind nicht allein damit. Viele Designer:innen kennen diese Spannungen. Und vielleicht ist das der Anfang von etwas: Nicht von einer neuen Methode. Sondern von mehr Vertrauen in das, was zwischen den Methoden liegt.Teile diesen Beitrag ❤️
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